Sticht der Hafer? Gut so! Haferkur bei Insulinresistenz

Sie kann den HbA1c-Wert senken, die Insulinwirkung verbessern, den Insulinbedarf verringern: Die traditionelle Haferkur erfährt bei Typ-2-Diabetes ein Comeback – und zwar in Form von Kohlenhydrat-Tagen. Was es damit auf sich hat, lesen Sie hier.

Person hält Haferkörner in den Händen: Wie gesund ist das Getreide bei Diabetes?

Hafer – lecker und gesund

Ob als flockiges Vollwertmüsli oder Porridge-Delikatesse, mit frischem Obst oder herzhaftem Gemüse – Hafer gehört zu den leckersten und gesündesten Getreidesorten. Denn was vielerorts gern auf den Frühstückstisch kommt, ist reich an essenziellen Aminosäuren, Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen. Kein Wunder also, dass das Getreide für einen perfekten Start in den Tag sorgt.

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Weniger ist mehr: Zum glykämischen Index von Hafer

Hafer überzeugt durch seinen niedrigen glykämischen Index.1 Das bedeutet: Die Glukose, welche der Körper aus ihr gewinnt, wandert nur langsam ins Blut. Das hat verminderte Blutzuckerspitzen sowie einen relativ geringen Insulinbedarf zur Folge. So können Sie hohe Insulinspiegel vermeiden und so das Risiko für Typ-2-Diabetes senken oder die Therapie unterstützen. Denn geringere Insulinmengen wirken dann besser und länger.

Haferkur damals und heute

Wie Sie sehen: Hafer ist ein tolles Superfood aus der Heimat. Das erkannte auch Carl von Noorden, Pionier der Diabetologie in Deutschland, bereits vor mehr als 100 Jahren.2 Damals empfahl er, Hafertage einzulegen, um die Blutzuckerwerte auf natürliche Weise zu senken.2 Das war zu einer Zeit, in der Insulin noch auf seine Entdeckung wartete.

Mit Aufkommen der Insulintherapie etwas in Vergessenheit geraten, erlebt die Haferkur in der ernährungsgestützten Diabetes-Behandlung nun ein Revival. Zahlreiche Studien belegen inzwischen die positive Wirkung von Hafer bei Typ-2-Diabetes – wie etwa ein gesenkter HbA1c-Wert.

Nur Kohlenhydrate? Tipps für die Haferkur

Besonders bemerkenswert an Hafer ist der hohe Anteil an leicht bekömmlichen Ballaststoffen.4 Vor allem die wasserlöslichen Beta-Glucane helfen, Blutzuckerentgleisungen zu vermeiden und zudem noch die Blutfette zu drosseln.4

Dementsprechend kann die Haferkur ihre Wirkung offenbar am besten entfalten, wenn Sie mehr als 3 Gramm Beta-Glucan (circa 40 Gramm Haferkleie) am Tag verspeisen, die tägliche Kalorienzufuhr gering ist und weder Milch noch Butter im Spiel sind.3,5 Milch- und Aminosäuren feuern nämlich Glucagon an, welches die Insulinwirkung hemmt. Zudem enthalten Milchprodukte (wie auch Fleisch) gesättigte Fettsäuren, die ihrerseits die Insulinsensitivität herabsetzen.

Entsprechend schlägt Diabetes-Berater Mario Althaus vor, während einer 1- bis 3-tägigen Haferdiätkur auf zusätzliches Eiweiß und Fett zu verzichten.6 Obst, Gemüse, Kartoffeln, Reis, Mehrkornbrot, Nudeln und klare Brühe dürfen aber für Abwechslung sorgen. Und so bringen sich Noordens bewährte Hafertage als Kohlenhydrat-Tage ins Gespräch:

Bei Insulinresistenz: Hafer-Kohlenhydrat-Tage

Das klingt für manche Ohren zunächst ungewöhnlich, schließlich sind Low-Carb und No-Carb im Trend: Kohlenhydrate sind eher verschrien, unter anderem weil sie den „Dickmacher“ Insulin aus der Reserve locken.

Nichtsdestotrotz zeigten Mannheimer Forscher: Eine 2-tägige Hafer-Kohlenhydrat-Diät kann bei Typ-2-Diabetes und metabolischem Syndrom die Insulindosis um mehr als 40 Prozent verringern.7 Selbst 4 Wochen danach brauchten die Studienteilnehmer deutlich weniger Insulin – sie gingen währenddessen einer normalen Diät nach.7

Die Pilotstudie zeigte auch einen starken Anstieg des Adiponectin-Spiegels.7 Adiponectin ist ein Hormon, das die Insulinsensitivität der Zellen erhöht. Dadurch wirkt Insulin wieder besser.

Her mit dem Hafer! Tipps bei Diabetes

Langer Rede kurzer Sinn: Essen Sie Hafer! Gerade bei Typ-2-Diabetes kann er allerlei Gutes bewirken. Und obwohl kalorienarm, macht Hafer lange satt, wodurch Sie Heißhunger-Attacken ein Schnippchen schlagen können.

Falls Sie nun auf den Geschmack gekommen sind, eine Hafer-Kohlenhydrat-Kur auszuprobieren, hier noch ein paar Tipps:

  • Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, um gegebenenfalls die Insulin- oder Medikamentendosis anzupassen, damit Sie nicht mehr als nötig nehmen und dadurch in eine Hypoglykämie rutschen.
  • Starten Sie mit maximal 3 Kohlenhydrat-Tagen, mit Mahlzeiten von 2 bis 4 Kohlenhydrat-Einheiten.6
  • Danach können Sie regelmäßige Entlastungstage einlegen, zum Beispiel 1- bis 2-mal wöchentlich.6
  • Trinken Sie ausreichend, mindestens 1,5 Liter Wasser am Tag.8
  • Lassen Sie es sich schmecken!

Quellen

1 Viele Ballaststoffe in der Ernährung senken das Sterberisiko. Abgerufen am 3. November 2022, von https://www.dge.de/presse/pm/viele-ballaststoffe-in-der-ernaehrung-senk….

2 Hafertage wieder entdeckt — Arbeitskreis für Ernährungsforschung. Abgerufen am 3. November 2022, von https://www.ak-ernaehrung.de/content/publikationen/lebensmittelgrupen/h….

3 Hou, Q., Li, Y., Li, L., Cheng, G., Sun, X., Li, S. & Tian, H. (2015b). The Metabolic Effects of Oats Intake in Patients with Type 2 Diabetes: A Systematic Review and Meta-Analysis. Nutrients, 7(12), 10369–10387. https://doi.org/10.3390/nu7125536.

4 Hafer: Primus unter den Körnern. UGB-Gesundheitsberatung. Abgerufen am 3. November 2022, von https://www.ugb.de/lebensmittel-zubereitung/warenkunde-hafer/.

5 Beta-Glucane - Ernährungstherapeutische Aspekte. Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention (FETeV). Abgerufen am 3. November 2022, von https://fet-ev.eu/beta-glucane/.

6 Geissel, W. Typ-2-Diabetes : Mit Kohlenhydrat-Tagen die Insulinresistenz durchbrechen. AerzteZeitung.de. Abgerufen am 3. November 2022, von https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Mit-Kohlenhydrat-Tagen-die-Insulin….

7 Lammert, A., Kratzsch, J., Kusterer, K. & Hammes, H. (2006). Kohlenhydrattage als einfache und effektive Therapie der Insulinresistenz. Diabetologie und Stoffwechsel, 1(S 1). https://doi.org/10.1055/s-2006-943783.

8 Wasser trinken: Wie viel ist gesund? Die Techniker. Abgerufen am 3. November 2022, von https://www.tk.de/techniker/magazin/ernaehrung/trinken/wie-viel-wasser-….